Sigmund Freud gilt als der Erfinder der Psychoanalyse. Der gebürtige Österreicher ist in vielen Dingen seinen Zeitgenossen voraus gewesen, der beste Beweis ist der Brief an die Mutter eines schwulen Jungen. Der beste Beweis dafür ist der folgende Brief, den Freud an die Mutter eines homosexuellen Sohnes schreibt.

Sigmund Freud gilt bis heute als einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts. 1935 suchte die Mutter eines offensichtlich schwulen Sohnes den Rat des Psychoanalytikers durch einen Briefaustausch. In Sorge um ihren Nachwuchs hatte sie sich Klärung in einer für sie wichtigen Frage erhofft: Könnte ihr Junge mit den Methoden der Psychoanalyse womöglich von seinem Laster befreit werden?

Wie der Analytiker auf diese Frage reagierte, war zu seiner Zeit bahnbrechend. Zwar hielt Freud eine “Umpolung” von Homosexualität hin zur Heterosexualität generell noch für machbar, zweifelte aber bereits, ob dies wirklich nachhaltig gelingen könne.

Sigmund Freud

Sigmund Freud

Er vertrat in jedem Fall die Ansicht, dass das eigentlich nicht erforderlich sei, denn Homosexualität sei “…nichts, wofür man sich schämen müsste, kein Laster, keine Entartung. Es ist auch keine Krankheit”, wie er der Hilfesuchenden zu erklären versuchte:

 

Liebe Frau […],

Ich entnehme Ihrem Brief, dass Ihr Sohn homosexuell ist. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass Sie das Wort in der Beschreibung Ihres Sohnes selbst nicht benutzen. Darf ich fragen, warum Sie das vermeiden? Homosexualität ist sicher kein Vorteil, aber es ist nichts, wofür man sich schämen müsste, kein Laster, keine Entartung. Es ist auch keine Krankheit. Wir betrachten es als Variante der Sexualfunktion, hervorgerufen durch eine Blockade der sexuellen Entwicklung. Viele höchst respektable Personen von früher und heute waren Homosexuelle, darunter auch einige der größten Männer (Plato, Michelangelo, Leonardo da Vinci etc.).

Es ist eine große Ungerechtigkeit, Homosexualität als Verbrechen zu verfolgen – und eine Grausamkeit ist es auch. Wenn Sie mir nicht glauben, lesen Sie die Bücher von Havelock Ellis.

Indem Sie mich fragen, ob ich helfen könne, meinen Sie vermutlich, ob ich Homosexualität beseitigen und durch normale Heterosexualität ersetzen kann.

Die Antwort ist, dass man das nicht versprechen kann. In einigen Fällen haben wir die verkümmerten Ansätze heterosexueller Tendenzen wieder entwickelt, die es in jedem Homosexuellen gibt, in der Mehrheit der Fälle ist das jedoch nicht mehr möglich. Es ist eine Frage der Eigenschaften und des Alters des jeweiligen Menschen. Das Ergebnis einer Behandlung kann nicht vorausgesagt werden.“

Was die Psychoanalyse für Ihren Sohn tun kann, ist etwas anderes. Wenn er unglücklich, neurotisch, zerrissen, im sozialen Leben gehemmt ist, kann ihm die Analyse Harmonie, Seelenfrieden, Effizienz bringen, ob er nun homosexuell bleibt oder sich ändert.

Wenn Sie denken, er solle sich einer Analyse bei mir unterziehen – ich gehe nicht davon aus, dass Sie sich so entscheiden – muss er nach Wien herüberkommen. Ich habe keine Absicht, mich von hier zu entfernen. Zögern Sie nicht, mir Ihre Antwort mitzuteilen.

Hochachtungsvoll und mit den besten Grüßen
Freud.

PS.: Ich fand es nicht schwierig, Ihre Handschrift zu lesen. Ich hoffe, meine Schrift und mein Englisch werden für Sie auch kein Problem sein.

Bis heute wird versucht, Homosexualität zu “heilen”, was teilweise schlimme Auswirkungen auf die Betroffenen hat. In den USA sind Fälle bekannt, in denen sich Teenager das Leben nahmen, nachdem sie erfolglos “therapiert” worden waren. Auch in Deutschland treiben so genannte “Homo-Heiler” ihr Unwesen, wie zum Beispiel in dieser Reportage der ARD aufgedeckt wird.

Wissenschaftler betonen, wie vor mehr als 70 Jahren bereits Sigmund Freud, dass es keinen vernünftigen Grund gibt, Homosexuelle “heilen” zu wollen. Inzwischen hat sich diese Haltung in den meisten Teilen der Gesellschaft auch durchgesetzt. Zu Zeiten des Vaters der Psychoanalyse aber waren solche fortschrittlichen Gedanken die absolute Ausnahme.