Sie löffeln Tiefkühlware, werben für Familienautos oder sorgen für familiäre Atmosphäre in Werbungen bekannter Möbelhäuser. Man würde meinen, homosexuelle Liebe sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Entdecken große Unternehmen jetzt Homosexuelle als aufschlussreiche Zielgruppe oder ist dies Ausmaß inszenierter Prestige?

Eine Umfrage hat ergeben, dass etwa acht Prozent der Männer in Deutschland homosexuell seien. Bei Frauen wird diesbezüglich eine Zahl von fünf Prozent genannt.

Studien haben in Folge ergeben, dass die Interessenfelder homosexueller Männer vermehrt im Bereich Reisen, Mode und Körperpflege liegen. Daher gehend sind jene Vorlieben Grundlage dieser trendorientierten Zielgruppe als besonderes Leitbild erhöhter Nachfrage extrovertierter und spaßorientierter Konsumartikel und Freizeitaktivitäten.

Da sie erfahrungsgemäß pauschal kleinere Familien haben und durchschnittlich guter Bildung unterliegen, bessere Jobs und über mehr Geld verfügen, seien sie im Allgemeinen mit wachsendem Engagement wesentlich konsumfreudiger als heterosexuelle Männer.

Geschäftsführer der Kölner Marketingberatung Gofelix Holger Linde erkläre, dass sich lesbische Frauen im Gegensatz zu homosexuellen Männern weniger über ihre Sexualität und den darauf ausgerichteten Marketingstrategien angesprochen identifizieren würden. Außerdem hebt er hervor, dass der Mehrwert der Produkte für die genannte Zielgruppe ausgebaut werden müsse.

Ganz fremd ist der plakative Umgang mit Homosexualität zu kommerziellen Zwecken dennoch nicht: bereits im Jahre 2001 galt der Werbespot des Tiefkühkostherstellers “Iglu” als besonders revolutionär, indem ein gleichgeschlechtliches Paar beim Abendessen gezeigt wurde.

Seither werden gleichgeschlechtliche Paare immer öfter in werbenden Medien als allgemeines Teil der Gesellschaft oft sogar abseits jeglicher Klischees dargestellt. Allerdings werden teilweise noch bekannte Vorurteile auf provokante Art als inhaltlich satirische Gestaltungsmittel angewandt.

In vergangenen Zeiten war Homosexualität selbst noch ein verschwiegenes Tabuthema; gleichwohl sind heute zahlreiche Vorurteile auf Grundlage heterosexueller Idealbilder gesellschaftlich verbreitet. Matthias von Bechtolsheim, Gründer der Werbeagentur “Heimat Berlin”, rufe so dazu auf, Homosexuelle nicht in eine begrenzte Zielgruppe zu gliedern, sondern allgemein mit Menschen kommerziell zu kommunizieren. Er begrüße Bekenntnisse zu mehr Toleranz und verurteile die Kommerzialisierung von Homosexualität im ausgeführtesten Bereich der Klichees.

Der Regenbogen gilt als Wahrzeichen der Hippie-Bewegung in den sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts und hat sich als verbindendes Zeichen der LGBTQI*-Community bis heute durchgesetzt: es steht für Toleranz, Diversität und Hoffnung.

Dieses Zeichen wird nun von vorherrschenden Unternehmen verwendet, um so offen und tolerant gegenüber den Kunden zu kommunizieren.

Während gezielte Werbung mit und für Homosexuelle für viele Konzerne keine Umstände bereitet und somit zu einem weltoffenen Image verhilft, können sich zahlreiche Unternehmen keinen geschäftlichen Umgang mit Homosexualität in Anbetracht kommerziellen Handelns vorstellen. Auf diese Weise fürchten sie, Konsumenten und Interessenten zu verlieren.

Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) weist darauf hin, dass die Werbung heutiger Zeit trotzdem aktuell bleiben müsse. Der Zeitgeist unserer Epoche orientiert sich weitestgehend an der sozialen Akzeptanz von Schwulen und Lesben.

Ein daraus entstehendes Phänomen neoterischer Zeit ist der schon vor Jahrzehnten geprägte Begriff “Pinkwashing”. Dieser beschreibt den vermeintlich homofreundlichen Umgang ganzer Einrichtungen und Unternehmen auf Basis marketingorientierter Kalkül, um Gewinn jeglicher Art zu erschließen. Diese Marketingstrategien beruhen auf politische Strategien, um Produkte erfolgreich zu vermarkten, Menschen, Organisationen und sogar Länder im Kontext der LGBTQ*-Rechtslage besonders gut darzustellen, indem sie sich mit der LGBTQI*-Bewegung identifizieren, um modern und fortschrittlich tolerant zu gelten.

Das daraus entstandene Kunstwort “Pinkwashing” wurde schon vor Jahrzehnten im Zusammenhang mit us-amerikanischen Kosmetikprodukten verwendet: Pharmafirmen hatten als Symbol gegen Brustkrebs mit einer pinken Schleife an ihren Produkten geworben, obwohl ihre Produkte im Verdacht standen besagte Krankheit auszulösen.

Das vermeintliche Mitempfinden wurde als bloße Marketingstrategie gegensätzlich ernsthaftem Engagements als Imagepflege analog zur Schönfärberei kritisiert.

Die Metapher der Schönfärberei wird somit bemüht, Kontext in den schillerndsten Farben thematisch abzuwerten und elementarisch zu deklarieren. Rosa und pink sind stereotypisch allgemeine Frauenfarbe, die geschichtsträchtig auch immer mit LGBTQI*-Themen konfrontiert wurden.

Ist zum Beispiel ein großer Konzern Teil der Parade des CSDs, profitiert es von dem positiven Image jener Veranstaltung. Somit kann es hoffen, neue Kunden und Sympathien zu gewinnen. Wenn besagte Unternehmen aber eigentlich nicht mit LGBTQI*-Themen in Verbindung stehen oder sie sich in Vergangenheit dazu sogar kontrovers positioniert haben, aber dennoch homofreundliche Außenwerbung vollziehen, ist deren Auftritt auf dem CSD als “Pinkwashing” kommerzieller Absicht zu bezeichnen. Auf diese Weise wird die wahre Ausrichtung maskiert und dem angestrebten Image angepasst.

Aktivisten verwenden jenes Kofferwort sogar als Beschreibung für den Einsatz für LGBTQI* in Israel als Form des “Homonationalismus” im Kulturkampf des somit “unzivilisierten” Palästinas. Sie beanstanden, Israel benutze seine liberale Atmosphäre gegenüber der LGBTQI*-Community, um sich als besonders fortschrittlich darzustellen., um auf diese Weise parallel die Palästina geringwertig zu enttarnen.

Es wird ihnen vorgeworfen, damit das eigene Fehlverhalten zu legitimieren. Wegen der relativen Toleranz gegenüber der LGBTQI*-Community, wird Israel als einziger Ort des Nahen Ostens angesehen, an dem Menschen unterschiedlicher sexuellen Orientierung und Identitäten offen zusammen leben können. Israel wird so als eine Zufluchtsstätte von LGBTQI*s palästinischer Herkunft bezeichnet.

Dem entgegen stehen Homophobie und exzessiver Sexismus der palästinischen Gesellschaft.
In jedem Fall sollten die Bemühungen der erkämpften Fortschritte der LGBTQI*-Bewegung in Israel abgesehen davon, dass jene gesellschaftliche Entwicklung als “Pinkwashing” bezeichnet wird, gewürdigt und respektvoll behandelt werden.

Dass es in zahlreichen Ländern angesichts der grundlegenden Menschenrechte inzwischen verboten ist, Homosexuelle zu diskriminieren und zu verfolgen, ist eine bedeutende Fortentwicklung, dass betreffende Gesetze angepasst wurden. Die dazu animierenden Motive des jüdischen Staats sind dafür zunächst belanglos, solange ein Fortschritt zu verzeichnen ist.

Die zunehmende Akzeptanz von Homosexualität in der Gesellschaft jeglicher (medialer) Form ist doch eigentlich ein wahrhafter Grund zum Feiern. Wir sind auf dem richtigen Weg, eine gleichberechtigte Gesellschaft in jeglicher Art und Weise zu prägen.